Autor: shellybloggt

Im wilden Galopp durch Gesellschaftskritik und Feminismus

Oh, ich würde so gerne Akkordeon spielen, auf Bällen tanzen, wilde Partys am Strand feiern, in Berlin Bahn fahren, unter Wasser tauchen, laut in den Wald singen und dann meinem eigenen Echo hinterherrennen. Ich würd so gerne rastlos sein und dann wieder ganz ruhig bei mir. Ich will me-time genießen und dann alle meine Freunde auf einmal sehen, um dann kurz davor nur auf der Couch chillen zu wollen. Ich will beim feiern wieder Gläser klauen, mich konsequenzenlos fühlen. Dieses naive Gefühl, dass mir die Welt gehört. Ich will politisch korrekt sein, und dann wieder auch nicht: Ich will Frieden auf der Welt und gleichzeitig, dass ich ein gutes Leben führen kann. Ich will schöne Kleider tragen, aber kein Geld dafür ausgeben. Ich will Fleisch essen, aber nur mit dem guten Gewissen, dass das Tier wenigstens einen Außenstall hatte. Ich will silikonfreies Shampoo verwenden, aber dennoch seidenglänzendes Haar. Ich will so viele Dinge, die sich gegenseitig ausschließen. Aber ich bin ja auch eine Frau, ich bin die Verkörperung von Dingen, die sich gegenseitig ausschließen. Von Anforderungen, die unerfüllbar sind. Sei bossy, aber nicht bitchig. Sei nett, aber nicht zu nett, weil… sonst bist du langweilig. Sei dünn, aber sei dabei gesund. Sei belesen, aber gib nicht mit deinem Wissen ist. (Denn psssst, Mansplaining ist immer noch den Männern vorbehalten.) Sei hübsch, aber nicht zu hübsch, dass alle denken könnten, du wärst dumm. Hab Humor, aber bedenke, dass es eine schwierige Gratwanderung ist, aus zu „männlich“ (und das ist bei Frauen kein Kompliment) und über die „falschen“ Sachen lachen. Interessiere dich für Nagelstudios und Schminke und sei dabei feministisch, denn: Pick-me-Girls sind grade sowas von out. Genieß ruhig deine Freiheiten und mach Karriere, aber wunder dich nicht, dass ab einem bestimmten Alter auf einmal alle fragen, wo Mann und Kinder bleiben. Die Gesellschaft und wir selbst stellen so viele unerfüllbare Anforderungen an uns. Das wissen wir, das thematisieren wir auch, aber wir ändern nichts daran. Und das einzige, was wir eigentlich machen könnten, wäre auf all diese Anforderungen wirklich zu scheißen, also wirklich zu scheißen und einfach das zu machen, worauf wir Bock haben. Ohne daran zu denken, was Männer denken, was unsere Eltern denken, was unsere Chefs und Chefinnen denken, was andere Freundinnen denken, was Fremde denken. Es ist völlig egal, wir sollten einfach das machen, worauf wir Bock haben.

Warum wir es nicht schaffen, die großen Probleme zu lösen

Disclaimer: Ich habe den Text 2021 geschrieben, als die Corona-Krise noch in vollem Gange war.

Über ein großes Kauderwelsch oder: Wo ist eigentlich noch der politische Wille? Oder: Warum wir es nicht schaffen, die großen Probleme zu lösen.

Liste der Probleme:

Machtmissbrauch: Maskenaffäre, Steuerhinterziehung, Korruption, Machtkämpfe, Lobbyismus, verlagerte Verantwortlichkeiten, Milliardenhilfen für Großkonzerne (Lufthansa, TUI), politische Kurzsichtigkeit, aufgeblähtes Parlament

Die Liste an Dingen, die gerade scheiße laufen, ist lang. Und ganz ehrlich? Langsam reicht’s!

Da befinden wir uns gerade in der größten Krise seit der Finanzkrise, in einer weltweiten Pandemie, in der so gut wie die ganze Bevölkerung bereits seit einem Jahr – mit sommerlichen Unterbrechungen zwar – im Lockdown verbringt. Wo Existenzen auf dem Spiel stehen, wo Menschen ihre sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert haben und viele ernsthaft einsam sind und es kommt Panne (Masken) nach Panne (Testen) nach Panne (Impfen). Munter begleitet von Affären, Machtkämpfen und Korruption.

Und wir nehmen das alles so hin, als ob das normal ist. Ja und hier liegt das Problem. Für uns ist es mittlerweile „normal“, dass Politiker:innen ihre Macht missbrauchen, dass Manager:innen ihre Macht missbrauchen, um sich schlussendlich selbst zu bereichern. Das Recht der Räuber hat Thomas Assheuer das in der Zeit genannt. Der Glaube an einen natürlichen Anspruch auf Profit, der Finanzskandale erst möglich mache, aber ganz ehrlich: der auch Politik-Skandale wie die Maskenaffäre(n) möglich macht. Es hat sich eine Kultur in Politik und Wirtschaft eingeschlichen, in der es okay ist, dass sich einige wenige auf Kosten anderer vieler bereichern. 

Diese politisch-wirtschaftliche „Kultur“ gab es mit Sicherheit schon immer, nur jetzt, in Phasen, wo wir wirklich großen Problemen gegenüber stehen, deren Lösung langfristiges Denken und vor allem Gemeinsinn erfordern, wird das zu einem offensichtlichen Problem. Insbesondere dann, wenn sich diese „Kultur“ bis in die hintersten Reihen von Politik und Wirtschaft ausgebreitet hat. Sodass jede:r Pups-Abgeordnete meint, es sei sein Recht, für einen Maskendeal 100.000e Euro einzustreichen und diese im Zweifel noch nicht mal zu versteuern. I mean, what the fuck?!

Wie kann es sein, dass sich Parteien wie die CDU/CSU gegen ein Lobbyregister streuben, was das, was ja gelebter politischer Praxis entspricht, wenigstens etwas transparenter machen würde?

Wie kann es sein, dass all die Bewegungen auf der Straße oder im Internet wie Fridays For Future, die BLM-Bewegung und all die feministischen Hashtag-Kampagnen, die sich wirklich mit großen, teils strukturellen Problemen befassen, einfach belächelnd auf der Straße, bzw. im Insta-Feed gelassen werden? 

Macht muss wieder konstruktiv werden, sachbezogen eingesetzt und gemeinschaftsfördernd sein. Nicht gegen die Gemeinschaft gerichtet. Eine solch konstruktiv genutzte Macht baut auf, bringt voran und verwirklicht. Vor so einem Machtverständnis habe ich Respekt und erwarte ich von demokratisch gewählten Politiker:innen.

Frauen haben eine Wahl

Frauen haben keine Wahl, sagt Sophie Passmann. Ich glaube das stimmt nicht. Frauen haben sehr wohl eine Wahl. Wir müssen sie uns nur nehmen. 

Natürlich ist es in Ordnung sich als Feministin zu bezeichnen und gleichzeitig Botox zu nutzen, sich zu schminken oder bunte Kleider anzuziehen. Wer sagt denn, dass Feministinnen aussehen müssen wie unfickbare Kerle? 

Aber was nicht in Ordnung ist, ist sich als Frau in die Opferrolle zu begeben und Schönheitseingriffe als alternativlos zu bezeichnen. Was dann geschieht, ist die Barbie-sierung unserer Gesellschaft, wo nur noch das als schön gilt, was fake ist. Und noch viel schlimmer, wo alle irgendwie gleich aussehen. Da gibt es nicht mehr die Knubbelnase, den schmalen Mund oder den großen Leberfleck am Kinn. Da werden die Makel alle entfernt, ausgeblendet wie beim Beauty Instagram-Filter. Da haben alle astreine Haut, glänzende Haare, weiße Zähne, Wimpern und Augenbrauen mit perfekten Schwung.

Aber das müssen wir doch nicht tun, um uns als Frau zu fühlen! Das ist erstmal nichts, in das wir gedrängt werden. Wir haben doch dennoch die Wahl, dies alles nicht zu tun. 

Und ja, ich weiß, die Beauty-Industrie, die Werbung, Shitstorms von misogynen Männern, in denen sich wahllos über zu dicke oder zu dünne Frauen lustig gemacht wird, das nimmt natürlich Einfluss auf das eigene Selbstbild als Frau. Es ist einfacher, sich dem einfach hinzugeben und Wege zu finden, möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten – I get it. Und es ist auch mutig zuzugeben, Schönheitseingriffe machen zu lassen – probs an dich, Sophie. Aber: das klingt so wie bereits verloren. Lasst doch die Männer reden über die Ricarda Langs und Annalena Baerbocks. Für sie gilt nur die Art von Frau kompetent, die sich so kleidet wie sie selbst. Sie werden schon noch lernen, dass auch Frauen in Kleidern kompetent sind, dicke Frauen, schöne Frauen, hässliche Frauen oder sexy Frauen. Wir müssen nur weiter mutig sein und es immer wieder beweisen. Herrje, wir sind die Hälfte unserer Gesellschaft – lasst uns doch mehr auf die Kacke hauen und uns nicht von irgendwelchen Männern beeinflussen und unsere kostbare Zeit damit vergeuden, uns in völlig utopische Bilder zu quetschen. Wenn wir uns klein machen, um keine Angriffsfläche mehr zu bieten, in der Hoffnung, dass wir dann endlich gehört werden, ey dann werden wir schlussendlich zu genau dem, für was Männer uns insgeheim immer gehalten haben: zu schöner Deko. 

Über (den Kampf für) Gleichberechtigung

Wie sieht Gleichberechtigung heute aus?

Gleichberechtigung ist in Deutschland in vielen Bereichen wie in der Arbeitswelt noch immer nicht erreicht.
Um Gleichberechtigung wird ergo immer noch gekämpft.

Doch es nervt, dass es als Kampf dargestellt wird. Männer vs. Frauen, oder Emanzen attackieren Kerle, oder Ego-Machos gegen Weiber. Egal aus welcher Sicht, es gibt kein „versus“, denn wir sind alle gleich. Und das heißt gleichberechtigt. Der Fakt, dass Frauen in Deutschland auf dem Papier einmal nicht gleichberechtigt waren, ist schon ärgerlich genug! Der Fakt, dass diese Nicht-Gleichberechtigung in Deutschland noch gar nicht so lange her ist – gerade mal 40 Jahre um genau zu sein – ist umso ärgerlicher. Und als Frau macht es ehrlich gesagt wütend, immer wieder dafür kämpfen zu müssen (ja, da ist wieder das Wort) genauso viel Wert zu sein wie das männliche Pendant.

Woher kommt überhaupt dieser hartnäckige Gedanke, dass dem nicht so sei? Um es mal polemisch auszudrücken: Wohl aus der Steinzeit, denn da ging es wirklich noch um den einzigen Vorteil, den Männer gegenüber Frauen haben: Körperliche Stärke. Dass sich aus diesem Vorteil eine regelrechte Diskriminierung entwickeln konnte, die es Frauen verbot – und heute teilweise noch verbietet – zu arbeiten, Auto zu fahren, Päpstin zu werden, eigenständige Entscheidungen zu treffen, ist eigentlich unglaublich. Da musste erst der Kampf der Feministinnen, der Emanzen kommen, damit sich daran in einigen (!) Bereichen etwas ändert. (Seltsam übrigens, dass diese beiden Begriffe heute so überaus negativ konnotiert sind).

Ja, die armen Männer machen teilweise die Drecksarbeit (wenn man überhaupt Drecksarbeit mit körperlicher Arbeit gleichsetzen kann), sie arbeiten eher auf dem Bau und werden eher Handwerker. Und was machen die armen Frauen? Die arbeiten eher in der Altenpflege (übrigens auch eine körperliche Arbeit) und in der Kindererziehung. Bei beiden Geschlechtern gibt es also Arbeiten, die eher von einem Geschlecht ausgeführt werden (so viel zur Gleichberechtigung).

Trotzdem verdienen Frauen konstant weniger.

Sie verdienen weniger, wenn sie die gleiche Arbeit machen wie ihr männliches Pendant, sie verdienen aber auch weniger, weil weniger Frauen überhaupt erst in Führungspositionen kommen, weil mehr Frauen, Berufe oder Berufsarten ausüben, in denen man einfach logischerweise weniger verdient. Und weil sie stattdessen Berufe ausüben, die unentgeltlich sind, wie zum Beispiel die Erziehung der Kinder oder die Pflege von Verwandten oder schlicht der Haushalt.

Und das, weil entweder das unverrückbare Verständnis vorherrscht, dass Frauen diese Aufgaben nun mal übernehmen, weil das schon immer so passiert ist oder, weil Vorgesetzte nicht auf Frauen setzen, da diese möglicherweise eh bald für 2 Jahre „arbeitsunfähig“ sind.

Und mal im Ernst, es geht doch nicht darum, wie hoch der Gender Gap im Gehalt ist, sondern dass es überhaupt einen gibt. Bei jeder Lohnlücke muss der Staat handeln, um eine faire Marktwirtschaft zu gewährleisten. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!“ So schwer ist der Spruch von Schwesig doch nicht zu verstehen, oder? Gleicher Lohn für gleiche Arbeit impliziert dann übrigens auch „Gleiche Chancen für alle“, denn der gleiche Lohn bringt recht wenig, wenn Frauen überhaupt nicht in die Position kommen, diesen Lohn zu verdienen. Das bedeutet, dass strukturelle Probleme von der Politik und von der Gesellschaft an den Haarwurzeln angepackt werden müssen. Politische Vorhaben wie die Frauenquote fassen nur den Schopf an, lösen aber nicht das Problem und entblößen sich so in Lächerlichkeit. Diese sind dann nur ein weiteres willkommenes Argument, Frauen ihre eigene Dummheit vorzuführen. Ja, auch als Frau möchte man nicht wegen irgendeiner Quote in einer Führungsposition landen, sondern weil man besser war als alle anderen Konkurrenten. Richtig, Fairpay ist Fairplay, aber das gilt auch umgekehrt: Fairplay ist Fairpay. Wenn man sich die Kommentare von dem dazugehörigen Artikel bei ZEIT Online zum Gender Gap durchliest, hauptsächlich von Männern verfasst und so ignorant, dass man teilweise laut auflachen muss, dann weiß man, dass der Kampf noch nicht ausgefochten ist. Noch lange nicht. Erst, wenn Frauen nicht mehr dafür belächelt werden, (wirkliche!) Gleichberechtigung zu fordern; erst, wenn die Leistungen, die Frauen erbringen (ja, auch der Fakt, dass Frauen die Kinder bekommen, zählt dazu) anerkannt und nicht mehr, als selbstverständlich wahrgenommen, zu ihrem Nachteil verkehrt werden, schlussendlich erst dann, wenn das „versus“ zwischen Frau und Mann nicht mehr existiert, dann ist der Kampf beendet. Ein Kampf, der eigentlich keiner sein sollte, da das Ende dieses „Kampfes“ so oder so ein aufeinander zugehen beider Seiten bedeutet.

In diesem Sinne: Happy Weltfrauentag! ❤